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Zweiter Visbeker Poetry-Slam begeistert

  • Autorenbild: Gemeinde Visbek
    Gemeinde Visbek
  • 30. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Im Ratssaal war kein Platz mehr frei; die Stimmung war locker und ausgelassen: Das beschreibt den zweiten Visbeker Poetry Slam. Neun „Bühnenpoeten", wie Dr. Jutta Heyen die Slammerinnen und Slammer nannte, traten an jenem Abend im Dichterwettstreit gegeneinander an. Das Thema war „Döner mit alles“ oder „Visbek feiert trotz allem das Leben!“. Wie das zusammenpasst, erklärte Peter Havers, der mit Benedikt Feldhaus den Poetry Slam moderierte. Havers und Feldhaus, die auch als Duo „Bleib Laut“ auf der Bühne stehen, hatten auch die drei vorgeschalteten Workshops geleitet.

 

Letztlich setzten sich zwei sehr persönliche Vorträge durch. Den mit 200 Euro dotierten Publikumspreis gewann Sabine Hoping. Sie sprach in „Mutig. Sicher. Stark“ über Panikattacken und Ängste. Ihren Gewinn möchte sie nun spenden. 30 Jahre habe sie mit ihrer Angst zu kämpfen gehabt, sagte sie. Entsprechend herausfordernd war der Auftritt für sie; musste sie doch den besiegten Gegner noch einmal herausholen und zu Wort kommen lassen. Den mit 300 Euro dotierten Jury-Preis bekam Ludger Tönnjes. Die Jury: Dr. Jutta Heyen, Dieter-Felix Grzabka, Erwin Stubbe, Annelies Muhle und Wilfried Pegel. Tönnjes widmet sich den Themen Arbeit und Rente. Die Überschrift: „Wie lange darf ich noch?“ „Jeder Satz bin ich – was ich fühle und was ich denke!“, sagte der Erlter.

 

Vor 2 Jahren fand der erste Visbeker Poetry Slam statt. Damals traten fünf Slammerinnen und Slammer an. 2025 hatte sich die Anzahl der Teilnehmenden nun fast verdoppelt. Benedikt Feldhaus meinte, es sei ein „cooles, wahnsinnig intensives und langes Line-up“. Die Zeit verging tatsächlich wie im Fluge, was für die Qualität der Teilnehmenden und ihrer Texte spricht. Unter den neun Slammerinnen und Slammern fanden sich beispielsweise mit Jolin Meinecke und Stephan Trillmich auch zwei Wiederholungstäter. Sie konnten bei der Premiere den Jury- und den Publikumspreis erringen. Stephan Trillmich trat dieses Mal mit einer fiktiven Grabrede an – auf Startplatz 5. 

 

Die Reihenfolge hatten Peter Havers und Benedikt Feldhaus festgelegt. Und so startete Jana Wittke, die gerade erst in Vechta den Library Slam gewinnen konnte. Sie sprang in ihrem Text assoziativ von Gedanke zu Gedanke und blieb dabei wie ihre Konkurrentinnen und Konkurrenten stets authentisch und emotional fassbar. Dabei streifte sie die „fehlende Bahnverbindung Visbeks“, Brückentage, Vermögenssteuer und Menstruationsurlaub. Klingt konfus, war es aber nicht. Jana Wittke verband alles irgendwie sehr logisch. 

 

Es folgte Sabine Hoping. Ihr Text hatte es in sich. Sie gestattete einen Einblick in eine Lebenswelt mit Panikattacken und Ängsten. Vor allem zeigte sie aber, dass man diese besiegen kann und „Mutig. Sicher. Stark“ wird. Mit Inhalt und Vortrag berührte sie die Anwesenden sehr. Der Lohn: Sie konnte die Mehrheit der abgegebenen Stimmen des Publikums auf sich vereinen. Vorjahressiegerin Jolin Meinecke spielte mit gesellschaftlichen Bildern und Erwartungen sowie dem Thema Emanzipation. „Wow“-Rufe und lang anhaltender Beifall waren der Lohn. Dann betrat Ludger Tönnjes die Bühne, die er vor 2 Jahren noch als Besucher betrachtet hatte. Ein Wecker und die magische Zahl 40 leiteten in seine Überlegungen ein. Er meinte „Wie lange musst du noch?“ sei für ihn die falsche Frage. Es müsse heißen „Wie lange darf ich noch?“ Nach diesem bejubelten Auftritt sprach Stephan Trillmich seine fiktive Grabrede und entließ die Besucher in die Pause. 

 

„Wenn du ein Möbelstück wärst, wärst du ein Esstisch mit zig Stühlen daran. Du lädst ein, du gibst aus und schmeißt nur selten jemanden raus“, sang nach der Pause Benedikt Feldhaus mit den Anwesenden zur Melodie eines Ballermannschlagers. Klingt verrückt – passte aber, denn anschließend feierte Bianca Abel das Leben. Genauer gesagt eine Person für ganz unterschiedliche Dinge wie „Scheitern, weil du es versucht hast“, „spontan sein“ oder „Neues wagen“. Wer sich „auch selbst feiern“ sollte, erfuhren die Anwesenden allerdings nicht.

 

Bei Kasimir Havers ging es um Angst und „Irgendwie Lebensfreude“. Der 17-Jährige beeindruckte mit seinem Text. Genau wie Lissy Hake, die über eine Party und die ganz wichtige Hutnadel philosophierte. Dabei gab sie manchmal auf Plattdeutsch Erfahrungen an ihren Sohn weiter und meinte im Text: „Doch, mein Junge, manchmal muss man durch den Monsun.“ Jule Trillmich beschloss das Line-up der Bühnenpoeten und lieferte einen beeindruckenden Vortrag. „Ich fühle mich nicht allein, denn da ist die Einsamkeit.“ Den Abgrund kenne sie seit Jahren und „Ende gut, alles gut, ist ziemlich oft gelogen.“ Mit ihrem letzten Satz fand sie den perfekten Abschluss für ihren Text. „Meinen Abgrund zeige ich euch. Macht damit, was ihr wollt, aber lasst ihm seine Tiefe!“

 

Anschließend fassten Peter Havers und Benedikt Feldhaus die Auftritte zugespitzt zusammen. Ihre humorvollen, bissigen oder lobenden Kommentare gaben sie aus zwei Perspektiven ab. Einmal als von der Veranstaltung gelangweilte Kritiker. Damit brachten sie das Publikum zwar zum Lachen, stießen aber mit den Einschätzungen eher auf Ablehnung. Die lobenden Worte wurden bejubelt. Geht es nach den Anwesenden, müsste es eine Fortsetzung geben.


Text: Christoph Heinzel

Titelbild (H. B. Hermes): Die beiden Moderatoren Peter Havers und Benedikt Feldhaus führten vor ausverkaufter Kulisse durch den Abend.




Fotos: Hermes

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